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Gerichte.. Nazis und Behinderte... - Druckversion

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Gerichte.. Nazis und Behinderte... - GinomeGelati - 27.11.2003

Besonders um die ersten beiden Links gehts mir.. gerade in Anbetracht der uns bevorstehenden Bioethikkonvention möchte ich mal zur Diskussion anregen.

http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2000/15/30a.htm

http://www.trisomie21.de/kleine_schwester.html

http://www.wsws.org/de/2001/mar2001/spie-m09.shtml


- Tai Ookami - 27.11.2003

Ein schwerwiegendes Thema. Wenn ich mir so die Berichte ansehe erinnert mich das an "Der Verdacht" von Friedrich Dürrenmatt.
Dort bin ich das erste mal mit derartigen Thema in Berührung gekommen und ich kann nicht wirklich verstehen wie man zulassen kann dass Dinge totgeschwiegen werden.

Doch ich begreife warum du diese Artikel ausgewählt hast. Etwas ähnliches würde uns passieren wenn die Bioethikkonvention unterzeichnet werden würde, nicht wahr ?
Sicher, niemand würde das wahrhaben wollen, aber rein theoretisch wäre es möglich nun "unwertes" von "wertem" Leben zu unterscheiden, genau wie Peter Singer das auch will.
Ich finde es wirklich unverständlich wie er einen derartigen ethischen Standpunkt vertreten kann. In einer Klausur vor gut einem Jahr hatten wir auch einen Text einer klaren "Singer Gegnerin" und dort hatte sie schon befürchtet die ganze Lehre könnte ein Come-Back der Nazi Zeit sein, in der es Leben gibt das leben darf und welches das sterben muss.

Warum das ganze ? Irgendwie haben noch nicht alle verstanden dass behinderte Menschen sehr wohl glücklich werden können. Laut Singer geht das Wohl eines "gesunden" Menschen vor dem Wohl des behinderten, doch wer gibt uns das Recht zu entscheiden ?
Er vertrat lange Zeit die Vorstellung behinderte wäre mit dem Tod besser dran als wenn sie weiter am Leben bleiben. Ihr Leben sei mit Qualen verbunden..
Doch auch hier kann ich nicht zustimmen. Ich habe früher oft Kontakt mit behinderten Kindern in einem Kinderheim gehabt und sie hatten eine derartige Lebensfreude wie ich sie kaum noch sonst wo gesehen habe. Sicher sie haben ihre Probleme aber das hilft ihnen alles aus einem anderen Licht zu sehen. Außerdem ist es immer eine Frage ab wann dem Mensch nun ein Wert zugewiesen werden kann. An welchen Punkten wollen wir das festmachen ? Das ist einfach nicht so ohne weiteres möglich. Selbst Wachkoma Patienten nehmen etwas von ihrer Umgebung war, da bin ich fest überzeugt von.
Dort einfach hinzugehen und zu sagen "Der spürt eh nichts mehr, benutzen wir ihn für Versuche vielleicht hilft es ja..." finde ich nicht in Ordnung. Was ich nun gerne wissen würde: Seit wann gibt es diese Bioethikkonvention überhaupt ? Bis vor kurzem habe ich dieses Wort noch nie gehört und nun begegnet es mir überall. Aber ist es dann wirklich möglich dass ein behindertes Kind von seiner Mutter nur um der Versuche Willen getrennt wird ? Haben die Eltern da nichts mitzureden ?
Dann wäre es ja wirklich wie in den Berichten, die Ereignisse von vergangenen Zeiten erzählen... Zeiten die uns noch näher stehen als uns lieb ist.


- Sedolin - 27.11.2003

oO die Artikel haben es echt in sich. Mich hat darin jedoch etwas anderes tierisch geschockt.

Zitat:....Sie bekamen Kakaopulver - mit Luminal, einem Schlafmittel, das, über längere Zeit verabreicht, die Bronchien angreift und bis zu Lungenentzündung führt....

Quelle http://www.das-parlament.de/2002/29_30/Thema/034.html

Dieser Passus ist in fast jedem Artikel den man findet in ähnlicher Form vorhanden. Ich erinnere mich an die unendlich vielen Lungenentzündungen die Cedric und ein Großteil der anderen Wachkomakinder während der Rehazeit hatten. Ihr Immunsystem sei halt vom Unfall geschwächt, etc. wurde uns Eltern von den Ärzten erklärt. Hm - Lungenentzündung und Wachkoma gehen (lt. Meinung vieler Ärzte) Hand in Hand. Es würde u.a. daran liegen daß die Patienten sich nicht viel bewegen, nicht gut abhusten könnten, etc. ! Auffällig war bei uns jedoch, nachdem die Medis weitgehend draußen waren gabs auch weiter keine Lungenentzündung mehr. Da ich nun total verunsichert bin hab ich mal in der Roten Liste und Nebenwirkungen geschaut :

Zitat:Psychomot. Anfälle u. Absencen können ausgelöst werden. Kreislaufstörungen bis hin zum Kollaps, depressive Verstimmungszustände, Megaloblastenanämie, Überempfindlichkeitsreaktionen (Fieber, auch schwere Hautreaktionen, z. B. exfoliative Dermatitis, Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom). Polyfibromatosen möglich.
Quelle : Rote Liste

Hier sind zwar etliche Nebenwirkungen aufgezählt - aber nirgends wird darauf hingewiesen daß das Luminal die Bronchien angreift und zu Lungenentzündung und Tod führen kann ????!!!!????

Da dies jedoch eine bekannte Praxis des 3. Reiches gewesen zu sein scheint muß die "Nebenwirkung" bekannt sein !!! Warum also steht sie NICHT in der Roten Liste ????

Auch im Waschzettel kein Wort davon. Es wird lediglich darauf hingewiesen daß es Atemdepressiv machen kann - aber das macht jedes Mittel das Sedierende und Relaxierende Wirkung hat !

Also - irgendwie bringt micht das ins Grübeln - insbesondere im Zusammenhang mit der Bioethik Konvention.

@Tai
Zitat:Warum das ganze ? Irgendwie haben noch nicht alle verstanden dass behinderte Menschen sehr wohl glücklich werden können. Laut Singer geht das Wohl eines "gesunden" Menschen vor dem Wohl des behinderten, doch wer gibt uns das Recht zu entscheiden ?
Dazu soll angeblich grad eine Kommission gebildet werden, die dann erstmal über das Thema Nahrungsentzug entscheiden darf Kotz

Zitat:Er vertrat lange Zeit die Vorstellung behinderte wäre mit dem Tod besser dran als wenn sie weiter am Leben bleiben. Ihr Leben sei mit Qualen verbunden..

Diese Meinung vertreten Massen von Menschen - viele davon sind noch nie wirklich mit behinderten Menschen in Verbindung gekommen sondern sie sehen immer nur "die bedauernswerten Kreaturen" die z.B. nebenan wohnen. Bislang versuchen nur wenige Institutionen und Medien hier mal zu informieren.

Zitat:"Der spürt eh nichts mehr, benutzen wir ihn für Versuche vielleicht hilft es ja..."
Nun - dies wird schon häufig praktiziert. In Berlin z.B. läuft eine Studie einer namhaften Klink. Hier soll "geprüft" und erfaßt werden wie Wachkomapatienten reagieren wenn man ihnen z.B. die Nadeln von Kanülen in das Nagelbett rammt.
In einigen Nachbarländern ist es z.B. auch nicht selten daß gerade Wachkomamenschen ohne Narkose operiert werden....... ! Es ist also kein Relikt des 3. Reiches - die These ist mitten unter uns !

Zitat:Seit wann gibt es diese Bioethikkonvention überhaupt ?
Keine Ahnung - aber es müssen schon viele viele Jahre sein. Das ganze wird alle paar Jahre anders genannt, aber allein die Bücher von diesem Singer sind ja teilweise wirklich schon echt antik.

Zitat:Aber ist es dann wirklich möglich dass ein behindertes Kind von seiner Mutter nur um der Versuche Willen getrennt wird ? Haben die Eltern da nichts mitzureden ?
Soweit ich es bislang mitbekommen habe geht es erstmal um "nicht einwilligungsfähige Patienten" in Einrichtung - also da wo die Eltern das Sorgerecht schon abgegeben haben, bzw. wenn es sich um einen älteren Erwachsenen handelt das Sorgerecht dem Staat zugeteilt wurde. Ebenso ist es möglich daß in der Klinik Medis eingesetzt werden dürfen. Wird ja eh schon längst gemacht (bislang aber zum Krankheitsbild bezogen) - solange die Eltern nicht anfangen "nervtötende Fragen" zu stellen. Die heutige Medizin besteht eh zu einem Großteil aus reinem "probieren" und nicht behandeln der Ursachen ! Oft bekommt man auch beim Hausarzt statt einer einfach Diagnose ein Antibiotikum nach dem anderen !

Zitat:Zeiten die uns noch näher stehen als uns lieb ist.
Nein - das glaube ich nicht. Ich glaube eher es sind Zeiten die schon immer präsent waren - lediglich das 3. Reich hatte das "Pech" das sie damit "aufgeflogen" sind. In den ganzen Industrieländern jedoch wird in dieser Richtung "rumgedoktort". Keiner ist frei von Schuld - nur "Dank Adolf" haben sie in uns einen "tollen" Buhmann dafür gefunden.

Geschockte Grüße
Bettina


- GinomeGelati - 27.11.2003

Zitat:Original von Sedolin
Nun - dies wird schon häufig praktiziert. In Berlin z.B. läuft eine Studie einer namhaften Klink. Hier soll "geprüft" und erfaßt werden wie Wachkomapatienten reagieren wenn man ihnen z.B. die Nadeln von Kanülen in das Nagelbett rammt.
In einigen Nachbarländern ist es z.B. auch nicht selten daß gerade Wachkomamenschen ohne Narkose operiert werden....... ! Es ist also kein Relikt des 3. Reiches - die These ist mitten unter uns !
ich finde das erschreckend <.< Sollen sie sich mit Leuten unterhalten, die aus dem Wachkoma aufgewacht sind. Dann wissen sie auch ob sie sowas spüren <.<

Zitat:Soweit ich es bislang mitbekommen habe geht es erstmal um "nicht einwilligungsfähige Patienten" in Einrichtung - also da wo die Eltern das Sorgerecht schon abgegeben haben, bzw. wenn es sich um einen älteren Erwachsenen handelt das Sorgerecht dem Staat zugeteilt wurde. Ebenso ist es möglich daß in der Klinik Medis eingesetzt werden dürfen. Wird ja eh schon längst gemacht (bislang aber zum Krankheitsbild bezogen) - solange die Eltern nicht anfangen "nervtötende Fragen" zu stellen.
Wie wir aber wissen, kann man die Betreuung ganz schnell verlieren. Nämlich wenn man nicht rechtzeitig vor dem 18ten Geburtstag den Antrag stellt.
Schwupp ists passiert. Sagt ja auch keiner den Eltern.. warum auch.. is so doch viel praktischer. Und die Medikamente.. wer weiß .. aber ich bezweifle, daß das in der Reha Absicht war. Aus der Roten Liste ist der Eintrag weg und junge Ärzte kennen das ja dann nicht. Im Gegentum: sie denken das wäre genau das richtige.

Zitat:Nein - das glaube ich nicht. Ich glaube eher es sind Zeiten die schon immer präsent waren - lediglich das 3. Reich hatte das "Pech" das sie damit "aufgeflogen" sind. In den ganzen Industrieländern jedoch wird in dieser Richtung "rumgedoktort". Keiner ist frei von Schuld - nur "Dank Adolf" haben sie in uns einen "tollen" Buhmann dafür gefunden.
Im Dritten Reich wurde das aber im großen Stil gemacht. Vernichtungslager etc. Leute, die blind waren oder taub - also auch Leute mit "leichten" Behinderungen. Alles was nicht perfekt ist - töten, oder zumindestens kastrieren damit es sich nicht noch vermehrt. Das ist der Punkt wieso das dritte Reich aufgeführt wird. Nicht die Tatsache _das_ sondern das _wie_ und _wieviel_
In Verbindung natürlich mit Juden, Kommunisten, überhaupt anders politisch Denkende.. das waren locker 10 Millionen Menschen. Ich denke mal, daß ich mit der Schätzung noch drunter liege.. alleine die Juden waren ja schon 6 Millionen -.-
Deshalb "flog es auf" <.< bei 10 - 100 Leuten wäre das keiner Sau aufgefallen.. aber so.. nunja..
Und eben genau auf den "großen Stil" steuern wir zu ._.