Selen schützt das Hirn vor Epilepsie und Zelltod
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Das Spurenelement Selen hat in der Forschung derzeit Konjunktur, wird unter anderem als Faktor bei der Entstehung von Tumorerkrankungen untersucht. Eine neue Studie belegt jetzt, dass Selenmangel bei Ratten zu verstärkten epileptischen Krampfanfällen mit massivem Zelltod im Hirn führt. Umgekehrt können die Epilepsie-Anfälle bei den Tieren verhindert werden, wenn das Defizit durch vermehrte Selengabe in der Nahrung ausgeglichen wird. Das fand eine Forschergruppe um Prof. Dr. Robert Nitsch aus dem Institut für Anatomie der Charité bei Tierversuchen heraus. Die Ergebnisse wurden in Teilen in der Fachzeitschrift "Federation of the Americian Societies for Experimental Biology"* veröffentlicht, weitere Publikationen in internationalen Journals stehen bevor.

Für die Experimente teilten die Wissenschaftler Ratten, die speziell von Forschern des Hahn-Meitner-Instituts gezüchtet worden waren, in zwei Gruppen ein: Eine Rattengruppe bekam über 15 Generationen hinweg selenarmes Futter und selenfreies Wasser - also höchstens 2-5 Mikrogramm Selen pro Kilo statt üblicherweise 300 Mikrogramm; die restlichen Tiere wurden normal ernährt. Anschließend lösten die Wissenschaftler bei den Tieren beider Gruppen epileptische Anfälle aus, indem sie die Krampf erregende Substanz Kainat spritzten. "Es zeigte sich, dass die selenarmen Ratten doppelt so starke und langandauernde Krämpfe erlitten", berichten Dr. Anja Bräuer und Dr. Nicolai Savaskan vom Institut für Anatomie der Charité. "Auch die Menge an abgestorbenen Hirnzellen belief sich auf mehr als das Doppelte.6quot; Die toten Zellen befanden sich unter anderem im Hippocampus, einem Hirnareal, das beim Menschen für die Gedächtnisleistung verantwortlich ist.

In einer neuen Versuchsreihe wurden die selenarmen Ratten mit Normalkost gefüttert. Bereits nach 24 Stunden hatten die Tierorganismen das Selendefizit wieder aufgefüllt, das Spurenelement zu 100 Prozent gespeichert. Ergebnis: Die Krampfanfälle, die nach wie vor durch die Injektion von Kainat ausgelöst wurden, reduzierten sich auf Normalmaß. Dies galt ebenfalls für den Umfang des Zelltods, der sich halbierte.

"Selen in ausreichender Menge ist essentiell für das Gehirn", fasst Neurobiologin Bräuer zusammen. "Das Spurenelement schützt die Nervenzellen vor Stress, wie er beim Schlaganfall oder epileptischen Krämpfen ausgelöst wird."

Damit kommt die experimentelle Charité-Studie zu ähnlichen Ergebnissen wie zwei klinische Fallbeispiele, die Wissenschaftler der Universitätsklinik Aachen 1994 beschrieben. Die Aachener Neuropädiater hatten zwei Kleinkindern, die unter Epilepsie und Selendefizit litten, zusätzliches Selen verabreicht - woraufhin sich die Anfälle verringerten.

"Es wäre in jedem Fall lohnenswert, Schlaganfall-Patienten und Epileptiker auf einen zu niedrigen Selen-Level im Blut zu untersuchen", so Dr. Bräuer. "Das Spurenelement könnte für Therapie und Prävention der Epilepsie und des Schlaganfalls von Bedeutung sein."

Selen ist ein Halbmetall, das für den menschlichen Organismus überlebensnotwendig ist. Wir nehmen es mit der Nahrung, mit Getreide und Fleisch, auf. Selenmangel kann nachweislich Immunschwäche, Herzmuskel- und Gelenkerkrankungen auslösen. In Überdosis wirkt Selen toxisch.

Kerstin Ullrich
(22.03.2003)


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* Savaskan et al., 2003 Januar, FASEB J., 17(1): 112-114.

Rückfragen beantwortet Ihnen gerne: Dr. Anja Bräuer, Institut für Neurobiologie der Charité, Telefon 030-450-528405

Quelle : Charité Berlin
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