Absetzen von Medikamenten
#16
an alle, die zu diesem Thema eine Meinung verfasst haben:

Ich kann aus meiner Erfahrung nur davor warnen (!!!), eigenständig Medikamente abzusetzen oder deren Dosis eigenmächtig zu verändern. Beim Lesen der Beiträge standen mir offen gesagt die Haare zu Berge, wie unverantwortlich in diesem Forum scheinbar Beratungen stattfinden, Erfahrungen oder Ratschläge ausgetauscht werden, die diese Thematik betreffen.
Allen sollte klar sein, dass es einer unbedingeten ärztlichen, neurologischen Abklärung bedarf, bevor man sich an Veränderungen heranwagt. Keine Anamnese eines Wachkomapatienten gleicht der anderen, die Ursachen, die zum Stadium "Wachkoma" und dessen Remission geführt haben, sind derart differenziert und mehr als individuell, dass somit nahezu auszuschliessen ist, dass das Absetzen eines Medikamentes und die damit verbundene subjektive Verbesserung der Wahrnehmung oder des Krankheitszustandes selbst bei dem einen Patienten vielleicht Wirkung zeigt, sich diesselbe aber auch gleichzeitig bei einem anderen Patienten einstellt, der völlig andere Grundvoraussetzungen mitbringt. Menschen im Wachkoma reagieren äussert sensibel auf kleinste Veränderungen, deren Auswirkungen sich vielleicht erst Wochen später deutlich zeigen, indem es eben zu unerwarteten Krampfanfällen, gesteigertem Muskeltonus oder dauerhaft spastischen Mustern kommt.
Bitte überlegen Sie sich daher im Vorfeld sehr genau, ob Sie Ihrem Angehörigen nicht, statt ihn weiterzubringen, wie es sicher unbestritten Ihre Absicht ist, eher in Ihrer Eigenmächtigkeit mehr Schaden zufügen, den Sie als medizinischer Laie bei weitem nicht bemessen können. Um diese Schäden zu vermeiden rate ich dringend von Experimenten dieser Art ohne ärztliche Abklärung ab.
Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass es sicher nicht immer möglich ist, die bestmöglichen Spezialisten für die ärztliche Unterstützung zu gewinnen. Viele Neurologen sind unbewandert auf dem Gebiet der Wachkomaforschung und recht starr in Ihren Ansichten, sodass viele Reaktionen, die ein Angehöriger tatsächlich wahrnimmt, lediglich auf Reflexe reduziert werden. Es dauert gerade in der ambulanten Betreuung sehr lange, bis man einen Arzt gefunden hat, der bereit ist, den Versuch des Reduzierens der Medikamente zu wagen oder vielleicht, in Absprache mit den Angehörigen neue Behandlungsmethoden ausprobiert. Beide Seiten sollten jedoch einander bedingen, wobei sich Angehörige lediglich in der Funktion als Beobachter sehen sollten, die medikamentös unterstützende therapeutische Intervention aber letztlich den Ärzten zu überlassen ist. Sicher fällt das vielen Angehörigen schwer, sich in Geduld zu üben, aber es handelt sich nun mal, und das dürfte jedem klar sein, um eine Langzeittherapie und -betreuung, deren Ausmaß sich auf Jahre erstrecken, dessen Entwicklung aber leider auch in einer bestimmten Remissionsphase stagnieren kann.
Ich möchte mit meinem Beitrag keine Lanze für die Ärzte brechen, sondern Sie lediglich für Ihr Handeln sensibilisieren.
Ich selbst arbeite seit mehreren Jahren in der Pflege von Wachkomapatienten in der Remissionssphase F und bin ausgebildete Pflegeexpertin für Menschen im Wachkoma, wobei ich an dieser Stelle betonen möchte, auch mit diesem Expertenstatus die Weisheit nicht inne zu haben. Die wahren Experten sind letztlich Sie, die Angehörigen der Patienten selbst, nur durch Ihre Beobachtungen und Ihre Kenntnis des Menschen, wie er vor seiner Erkrankung war, ist es uns überhaupt möglich, die Pflege und Betreuung auf die entsprechenden Bedürfnisse und Fähigkeiten des Menschen im Wachkoma abzustimmen und dessen Ressourcen zu fördern. Viele Angehörige erleben sich mit der alleinigen Beobachtung als wenig unterstützend und inaktiv, sie haben oft das Gefühl, mehr tun zu müssen, um den Betroffenen voranzubringen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, weshalb Angehörige oft dazu neigen, eigenmächtige Entscheidungen zu treffen, sie glauben häufig, somit direkten Einfluss auf die Genesung des Patienten nehmen zu können. Aber bedenken Sie bei Ihrem Tun immer, Ihnen obliegt (in den meisten Fällen zumindest)die Gesundheitsführsorge für Ihren Angehörigen, überlegen Sie daher genau, ob Sie alle Konsequenzen, die Ihr Handeln nachsichzieht, verantworten und tragen können.

Mit den besten Wünschen
cos
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Absetzen von Medikamenten - von Gudrun - 12.10.2005, 07:59
RE: Absetzen von Medikamenten - von akinom1 - 12.10.2005, 23:32
RE: Absetzen von Medikamenten - von Gudrun - 18.10.2005, 07:48
RE: Absetzen von Medikamenten - von akinom1 - 18.10.2005, 23:26
[Kein Betreff] - von sophie - 29.10.2005, 22:39
[Kein Betreff] - von JustinNKH - 29.10.2005, 23:30
[Kein Betreff] - von Gudrun - 01.11.2005, 10:23
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[Kein Betreff] - von sophie - 15.01.2006, 20:46
[Kein Betreff] - von Gudrun - 16.01.2006, 10:56
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[Kein Betreff] - von Leyla - 19.01.2006, 10:55
Warnung vor eigenständigem Absetzen von Medikamenten - von comaofsouls - 02.02.2006, 15:18
[Kein Betreff] - von akinom1 - 02.02.2006, 23:18
[Kein Betreff] - von sophie - 04.02.2006, 22:31
Klarstellung - von comaofsouls - 10.02.2006, 22:16
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RE: Klarstellung - von ursel - 11.02.2006, 16:41
[Kein Betreff] - von comaofsouls - 11.02.2006, 17:55
RE: Klarstellung - von comaofsouls - 11.02.2006, 18:16
RE: Klarstellung - von ursel - 11.02.2006, 19:03
RE: Klarstellung - von comaofsouls - 11.02.2006, 20:04
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[Kein Betreff] - von Sedolin - 12.02.2006, 21:06
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Professionals - von Bea F. - 12.02.2006, 22:51
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