Recht zu sterben ?
#11
Hallo Nikola Maria,
mir ging es vor allen Dingen darum, dass unsere Angehörigen, die sich schon von uns, vom Leben verabschiedet haben, zurück geholt werden.Koste es , was es wolle- noch eine Operation- und sie wussten, was auf uns zukommt! Dann wird aber nichts weiter getan, dass sie sich weiter erholen, um einmal wieder aktiv am Leben teilzunehmen. Für sie gibt es nur lebenserhaltende Maßnahmen. Reha?-nein, doch nicht in dem Zustand! Wenn wir was machen wollen, dann können wir alles aus der eigenen Tasche bezahlen! Unsere Angehörigen werden einfach austherapiert! Das kann man sich doch nicht gefallen lassen!
Aktive Sterbehilfe ist sicher ein heikles Thema. Menschen, die sich im Endstadium einer Krebserkrankung befinden,wünschen sich sicher, selbst über das Ende ihres Lebens bestimmen zu dürfen.Aktive Sterbehilfe - wo sind die Grenzen ?
Mit freundlichen Grüßen Gudrun
gbrungs
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#12
Hallo Monika,
im Krankenhaus haben wir in dem Sinne keine schlechten Erfahrungen gemacht. Im Gegensatz dazu die Pflegeeinrichtung. Ich habe an anderer Stelle schon einmal geschrieben, dass der Holger einigermaßen gepflegt wurde - doch auch nur, weil ich jeden Tag dort war, und meinen Mund nicht gehalten habe, wenn mir etwas nicht passte.Aber es gab auch viele Patienten, die ich nicht einmal während Holgers 8-monatigem Aufenthalts gesehen habe, das heißt, die lagen nur im Bett!
In Holgers Zimmer lag noch ein jüngerer Mann ( 2 Patienten im 22qm großen Zimmer ), der hatte nur selten Besuch. Dann wurde er in den Stuhl gesetzt.Wenn wir nicht manchmal die Schwestern geholt hätten, weil er z.B. erbrochen hatte...Die Einrichtung gehörte sogar dem Wachkoma-Verband an! Wir sollten Ihnen sagen, wie sie mit Wachkoma-Patienten umgehen sollten!
Es wird immer gesagt, es ist zuwenig Personal in den Einrichtungen. Das mag teilweise stimmen, aber wenn die Schwestern z.B. 1,5 Stunden brauchen, um die Bücher zu schreiben., anschließend noch eine Stunde Abenbrot essen...In dieser Zeit hätte man bei jedem Patienten wenigstens 5 Minuten aus einem Buch vorlesen können o.ä.
Holgers Platz hat sage und schreibe 4195 € ( !!!) gekostet ! Es lagen zwei Mann im Zimmer. Warum bekommen wir nicht mal ein Drittel, wenn wir unseren Angehörigen pflegen?
Liebe Grüße Gudrun
gbrungs
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#13
hallo gudrun

die meisten rehakliniken und pflegeeinrichtungen sind in einem verein,
das sagt aber nichts man muß als angehöriger ständig oder oft ,sich selbst überzeugen,ob auch wirklich alles getan wird und ob nicht nur eine minimalpflege erfolgt.wer sich nicht bemerkbar machen kann und keine kontrolle durch angehörige ist,bleibt auf der(strecke).
die anwendung von positiven erfahrungen in guten einrichtungen kommen oftmals erst monate oder gar nach jahren in einigen einrichtungen an.


am mittwoch war ich mit meinem mann in der augenklinik,lasse mich "überraschen",was der befund diesmal ergibt.



alles gute
monika
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#14
Liebe Forumnutzer,

obwohl das Topic schon etwas älter ist, möchte Ich mich dazu äussern.
Ich bin als seit Jahren als Arzt auf einer Intensivstation sowie als Notarzt tätig.

Ich habe beim Lesen dieses Forums festgestellt, wie leicht sich manche ein Urteil bilden, ohne wirklich Hintergründe zu erfragen.
Natürlich hat ein Mensch das Recht zu sterben. Das wird kein Arzt abstreiten wollen. Allerdings ist es als Arzt schwierig, diese Information vom Patienten zu bekommen, wenn er im Koma liegt. Aus dem Grund gibt es die Patientenverfügung. Es ist nicht zulässig, dass Angehörige die Entscheidung für den Patienten übernehmen. Ob es die Wahrheit ist, dass der Patient diesen Willen jemals geäußert hat, kann ich ohne schriftliche Unterlagen nicht nachvollziehen. Eine Einstellung einer Therapie (="sterben lassen") kann juristisch als vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge gewertet werden, wofür ich mich vor Gericht verantworten müsste, sofern keine Willensäußerung des Patienten vorliegt.

Zum Thema Angehörige: Ich habe während meiner Tätigkeit _mehrfach_ erlebt, dass z.B. die Kinder des Patienten vehemennt die Einstellung der Therapie und somit den Tod des Patienten gefordert haben. Ich habe den Patienten weiter therapiert, er wurde gesund. Es stellte sich heraus, dass er vermögend war, die Kinder ihn loswerden und das Erbe haben wollten und er niemals geäußert hatte, sterben zu wollen, wie er mir dann selber sagte. Solche oder ähnliche Konstellationen erlebt man leider nicht selten.
Schon alleine aus diesem Grund ist eine Therapieeinstellung menschlich, medizinisch und nicht zuletzt juristisch ein äußerst heikles Thema.

Thema Rettungswagen: Ich bin erstaunt und traurig darüber, dass selbst die Administrtoren dieses Forums scheinbar kein Wissen über die tatsächlichen Zusammenhänge haben. Die Bezahlung der Rettungsdienste erfolgt _nicht_ nach Erfolg. Als Arzt (gleiches gilt für das sonstige Rettungspersonal) bekomme ich entweder eine Einsatzpauschale oder einen festen Stundenlohn. Dabei ist es unerheblich, ob z.B. eine Reanimation erfolgreich oder erfolglos verläuft. Man macht es sich sehr einfach, wenn man sagt, dass man eine Reanimation einfach nicht machen sollte. Denn es gibt viele Berichte von Reanimation, gerade bei Kindern, die auch nach langer Dauer (> 45 Minuten) noch sehr gute Ergebnisse für den Patienten brachten (heisst: Leben ohne Einschränkungen). Wenn der Administrtor meint, man könne das Ergebnis einer Reanimation bereits im Vorhinein abschätzen, muss ich ihn leider enttäuschen. Und das hat selbstverständlich nichts mit "aus der Verantwortung stehlen" zu tun.

Ich würde mich freuen, wenn sich der ein oder andere erstmal mit einem Thema intensiv beschäftigt, bevor er leichtfertig eine ganze Berufsgruppe verurteilt und Verschwörungstheorien entwickelt. Auch wenn es natürlich einfacher ist, gewisse "Fachliteratur" bei Amazon zu bestellen und dessen Inhalt als Wahrheit weiter zu verbreiten...

Viele Grüße

Ein Arzt
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#15
Hallo Arzt,

für jeden stellt sich das Thema natürlich aus verschiedenen Sichtweisen dar.
Es ist interessant mal dein Sichtweise zu lesen. Ein Denkanstoss halt.
Eine erfolgreiche Reanimation von über 45 min ? das klingt fast unglaublich.

Ja und mit den Angehörigen das ist schon manchmal haarsträubend bis pietätlos. Aber so extrem wie du es schilderts... Da ich eigentlich an das Gute im Menschen glaube, bin ich regelmässig einigermassen schockiert wenn sich solche menschlichen Abgründe auftun.
Übrigens ich mag das Wort Reanimation nicht mehr. Es klingt in meinen Ohren so verharmlosend. Mein Schatz war damals bereits ohne Herzschlag und Atmung, also eigentlich tot. 4 Versuche hat es gebraucht bis er wieder zurückgeholt werden konnte. Das waren die schlimmsten Minuten meines Lebens.

Und das wichtigste für mich ist jetzt dass er ein wenig Lebensfreude empfinden kann. Aber manchmal denk ich auch dass es von mir schon ein bisschen egoistisch ist ihn zu fordern. Ich möchte eigentlich nicht dass er sich für mich quält Aber ich denke wenn er nicht bleiben wollte hätte er längst aufgegeben nach dem was er schon alles durch hat.

lg kathrinchen
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#16
Hallo Arzt,

ich habe eigentlich genau das Gegenteil erlebt. Ärzte die empfohlen haben die Therapie abzubrechen weil wenig Aussicht auf Erfolg besteht. Ärzte die mich fast beschimpft haben als ich äusserte meine Frau zu Hause pflegen zu wollen. Aussage des Oberarztes : "Einen Wachkomapatienten kann man nicht zu Hause pflegen". Heute nach fast 3 Jahren bin ich froh alles so gemacht zu haben. Fortschritte die damals kein Arzt für möglich gehalten hätte.
Hätte ich auf die Ärzte gehört wäre meine Frau wahrscheinlich nicht mehr.

Grüsse
Ingo
Ingo ( 02/68 ) pflege meine Frau Christine ( 06/69 ), Wachkoma MCS nach Schlaganfall 2008, pflege seit Mai 2009 zu Hause
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Mein Baby gehört zu mir, ist das klar ?
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#17
Hallo unbekannter Arzt

Ich kann deine Ansicht durchaus verstehen. Ich war selber in einer Klinik (Neuroradiologie) tätig und habe auch immer mein Bestes gegeben. Ob es aber wirklich immer das Beste für den Betroffenen ist, und was der im Ernstfall dann wirklich will..überleben oder sterben...das weiß nur er und "der liebe Gott." Wenn man gesund ist, denkt man über eine Patientenverfügung vielleicht anders als wenn man dann akut betroffen ist.
Meine Realität ist, dass sich die Notärzte und Intensivmediziner ..zumindest die ich kennengelernt habe...wirklich ehrlich und mit oft riesigem Einsatz und auch Können für die Patienten engagieren.sind sie soweit stabil, dass sie die IT verlassen können, dann klafft leider ein riesiges Versorgungs- Loch.Da fangen die Probleme erst an.

Zu uns sagrte ein Anästhesist...nachdem ihren Erfahrungen zufolge unsere Tochter auf Grund ihres Polytraumas den Tag vermutlich nicht überleben wird....dass es intensive Diskussionen gab ob die notwendigen Ops überhaupt noch gemacht werden. Es war ihre Jugend und "Fitness" die den Ausschlag gab,sie zu therapieren und somit die Chance zum Überleben zu geben. Er meinte:Wir haben A gesagt, jetzt müssen wir auch B sagen.
Dass das restliche Alphabet dann aber überwiegend die Angehörigen, wenn sie sie nach Hause nehmen..sofern ihnen das überhaupt zugetraut und ermöglicht wird...weitersagen dürfen und müssen, das ist unsere Erfahrung. Die Unterstützung der "Medizin" und der "Gesellschaft"dabei ist unterschiedlich. Von hilfreich bis demütigend.

Ich konnte mir in meiner aktiven KH-Zeit nie vorstellen, was man sich als Angehöriger alles anhören muss/darf und mit welch erschütternden Verhaltensweisen und auch fachlicher Inkompetenz vom sog. Fachpersonal man konfrontiert wird.
Dass es aber auch "Lichtgestalten" dabei gibt, macht das ganze erträglich .Es kostet nur so unendlich viel Energie, die da unnötig verpulvert wird und die viel sinnvoller eingesetzt werden könnte.

Es verstehen nicht alle "Experten" in ihrer täglichen Routine die Betroffenen dort abzuholen wo sie im Schockzustand gerade sind. Es erfordert viel Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl in dieser sensiblen ersten Phase die richtigen Worte zu finden. Ich weiß, dass vermieden wird, Hoffnungen zu nähren, aber gerade das ist so wichtig für die Beteiligten.>Patient und Angehörige.
Das Wichtigste aber ist, Vertrauen aufzubauen, was bei dem Zeitdruck, der heute herrscht, nicht gerade leicht gemacht wird.
Dazu gehört gegenseitiger Respekt.
Ein großes Konfliktpotential bilden auch die mit dem Anlassfall verbundenen Kosten.
Zielführende Therapien sind im erforderlichen Ausmaß privat beinahe unerschwinglich und in Einrichtungen meist auch nicht immer zu bekommen.
....zum Vorwurf des aus der Verantwortung stehlen...

Kein Mensch/Arzt kann die Verantwortung für mich übernehmen...sondern nur für sein Handeln!

Was mir auffällt und nicht gefällt, das ist der ständige "Kampf" um etwas und gegen JEMAND; Da bleiben im Normalfall nur Sieger und Verlierer übrig.
Ich bin wie Ingo auch froh, dass ich nicht immer auf den Rat der Ärzte sondern auf meine Intuition gehorcht habe, sonst hätten wir ein ähnliches Schicksal erlebt.
Hilde
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